Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen

Dieser Beitrag zeigt alternative Geschäftsmodelle, die Hochtief, Bilfinger Berger, Walter Bau und Strabag entwickelt haben und am Markt etablieren wollen.

Quellenangabe: Heilfort/Strich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt + Bauwirtschaft, Heft 12/2003, S. 14 – 16

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Ein schrumpfender Gesamtmarkt erfordert zur langfristigen Unternehmenssicherung neue Wege, um Marktanteil und Ertragsituation halten oder sogar ausbauen zu können. In den letzten Jahren werden daher verstärkt alternative Geschäftsmodelle diskutiert und angewendet, die auf ein verbessertes Miteinander der Baubeteiligten setzen und so ein Alleinstellungsmerkmal begründen können.

Von Thomas Heilfort und Anke Strich

Hochtief wirbt für „PreFair“

Hochtief hat sein Modell „PreFair“ genannt und erstmals im Oktober 2002 auf der Expo Real in München vorgestellt. PreFair verbindet Elemente eines Construction-Management-Vertrages mit den Grundsätzen des Bauteams, da Kunde, Architekt, Fachplaner und Hochtief bereits in der Planungsphase partnerschaftlich zusammenarbeiten.

PreFair - das alternative Geschäftsmodell der Hochtief AG

PreFair – das alternative Geschäftsmodell der Hochtief AG

Der Ablauf eines Projekts gliedert sich bei PreFair in die Preconstruction- und die Construction-Phase (Abbildung 1). Bereits in der Preconstruction-Phase, also noch vor Bauauftragserteilung und Baubeginn, bringt Hochtief seine Kompetenz in das Projekt ein. Am Ende dieser Phase liegt eine optimierte Planung vor, die alle erforderlichen Unterlagen für die Beauftragung der Construction-Phase enthält. Technische und terminliche Belange können so ohne Informationsverlust in der Kalkulation und Ablaufplanung berücksichtigt werden. Ergebnis ist ein verbindliches, belastbares Angebot von Hochtief.

Für die Construction-Phase stehen bei Hochtief vier Vertragsarten zur Auswahl: der Maximalpreisvertrag (GMP), der Budgetvertrag, der Cost-plus-Fee-Vertrag und der Pauschalvertrag. Der Budgetvertrag beinhaltet dabei die Festlegung eines Budgets und eine anschließende Aufteilung der Ersparnis bei einer Unterschreitung beziehungsweise der Mehrkosten bei einer Überschreitung.

PreFair wird grundsätzlich allen Kunden angeboten. Auftraggeber sind schwerpunktmäßig Finanzdienstleister, aber auch Kleinkunden sind von einer Anwendung dieses Modells nicht ausgeschlossen. Bei kleineren Projekten fallen jedoch die Möglichkeiten zur Optimierung und damit auch die potenziellen Vorteile naturgemäß geringer aus.

Zur Marktansprache setzt Hochtief auf Messen, Pressearbeit, Anzeigen und persönliche Kundenkontakte. Seit der Einführung wurden mit PreFair fünf Projekte abgeschlossen. Weitere elf Projekte befinden sich derzeit in der Realisierung, zum Beispiel das Münchner Büro- und Geschäftshaus „West 4“.

„GMP“ bei Bilfinger Berger

Bilfinger Berger setzt seit 2000 ein alternatives Geschäftsmodell ein, das den Namen „Gemeinsam Miteinander Partnerschaftlich“ trägt. Die verwendete Abkürzung „GMP“ assoziiert die inhaltliche Nähe zum Maximalpreisvertrag (Guaranteed Maximum Price – GMP), auch wenn es den Mannheimern nicht nur um einen garantierten Maximalpreis geht. Der Projektablauf wird von Bilfinger Berger in fünf Phasen unterteilt, die von der Entwicklung und Konzeption bis zum Betrieb reichen. Der Kunde hat die Auswahl aus verschiedenen Kombinationen, die sich jeweils in der Art der Beteiligung von Bilfinger Berger an den einzelnen Phasen eines Projektes unterscheiden (Abbildung 2).

Das GMP-Modell der Bilfinger Berger AG

Das GMP-Modell der Bilfinger Berger AG

Bei der Wahl des Mindestpaketes ist Bilfinger Berger an der Beratung in der Planungsphase und an der Projektrealisierung beteiligt. Schrittweise ist eine Ausweitung auf die Generalplanung (Kombination I), die Entwicklung und Konzeption (Kombination II) sowie letztendlich auch den Betrieb (Kombination III) möglich. Das Modell beinhaltet weiterhin die Vereinbarung eines gemeinsamen Maximalpreises für die Bauausführung, der bei fortgeschrittener Planung festgelegt wird.

Die Anwendung dieses Modells steht grundsätzlich allen Kunden von Bilfinger Berger offen, denen das Modell als Alternative zum traditionellen Ablauf vorgestellt wird. Für die Marktansprache wurde eine Broschüre erstellt. Projekte werden seit dem Jahr 2000 mit dem Modell „Gemeinsam Miteinander Partnerschaftlich“ realisiert, aktuell mit etwa fünf Kunden. Als Referenz wird u. a. ein für Henkel errichtetes Laborgebäude genannt.

Walter Bau sammelt Erfahrungen mit dem „Bauteammodell“

Walter Bau setzt seit 1997 in Anlehnung an das niederländische Bauteam ein eigenes, so genanntes „Bauteammodell“ sowie auch den Maximalpreisvertrag ein. Im Geschäftsbericht 2002 (S. 24) heißt es dazu: „Durch den frühzeitigen Einstieg können wir die richtigen technischen, baubetrieblichen und finanztechnischen Sondervorschläge erarbeiten. Dadurch vermeiden wir unnötige Kosten und schaffen Vertrauen. Diese Vertrauensbasis ist auch Voraussetzung für die Implementierung alternativer Vertragsmodelle […].“

Das Bauteam-Modell der Walter Bau AG

Das Bauteam-Modell der Walter Bau AG

Das Bauteammodell zeichnet sich dadurch aus, dass alle Beteiligten von Anfang an im Team zusammenarbeiten (Abbildung 3). Architekt und Fach- beziehungsweise Generalplaner erstellen die Planung von der Entwurfs- bis zur Ausführungsplanung. Walter Bau berät dabei kontinuierlich zur Kostenoptimierung von Planungsansätzen, kalkuliert planungsbegleitend, führt Abstimmungen mit Gutachtern und Behörden herbei und lässt von Anfang an auch die Anforderungen des Facility Managements einfließen. Der Projektsteuerer als weiterer Beteiligter des Bauteams lenkt den gesamten Planungsprozess, bereitet die Entscheidungen des Investors vor, entwickelt den Bauvertrag und fungiert als Schiedsrichter bei Konfliktsituationen innerhalb des Teams. Der Investor definiert die Budget- und Terminziele und hat während des Planungsprozesses die zielbestimmenden Entscheidungen für das Projekt zu treffen.

Mit Arbeitsbeginn des Bauteams sollte die Grundlagenermittlung bereits abgeschlossen sein und eine Vorplanung des Architekten vorliegen. Daraufhin wird zunächst in einer Planungsphase I der Vorentwurf zu einem Entwurfsplanungskonzept weiterentwickelt. Zum Abschluss dieser Phase legt der Generalunternehmer eine Detailkostenschätzung vor, wobei die Kalkulation für alle Beteiligten des Bauteams einsehbar ist. Entscheiden sich Generalunternehmer und Investor für eine weitere Zusammenarbeit, geht das gesamte Bauteam nun in die Planungsphase II über, in der die vollständige Entwurfs- und Genehmigungsplanung erarbeitet wird. Der Generalunternehmer erhält in dieser Phase ein Honorar für seinen Aufwand sowie die Zusicherung zum Abschluss eines Bauvertrages bei Erreichen der Budget- und Terminvorgaben. Dieser Vertrag kann als Pauschalvertrag oder als Maximalpreisvertrag abgeschlossen werden. In der anschließenden Bauphase verläuft der Bauprozess aufgrund der detaillierten Vorbereitung in der Regel koordiniert und ungestört.

Walter Bau bietet das Bauteammodell vorwiegend Industriekunden an, die ein Projekt für Ihre Produktion oder Verwaltung in kurzer Zeit realisieren müssen. Auch Projektentwickler mit engen Budgetvorgaben und Stammkunden werden auf eine Anwendung des Bauteammodells angesprochen, wenn die Rahmenbedingungen eines Objektes zu dem Verfahren passen. Die Marktansprache erfolgt im Wesentlichen mittels einer Broschüre. Presseartikel oder Anzeigen werden nur in ganz seltenen Fällen eingesetzt. Seit 1997 wurden von Walter Bau sieben Projekte unter Anwendung des Bauteammodells realisiert, darunter die Zentrale der Qiagen AG in Hilden.

Strabag wendet „teamconcept“ an

Strabag versucht bereits seit 1994, mit dem Modell „teamconcept“ den Service zu erweitern und eine ganzheitliche Leistung anzubieten, die alle baurelevanten Aufgaben umfasst. Dazu wurde das Leistungsspektrum in einzelne, abgeschlossene Bausteine untergliedert, die auch einzeln beauftragt werden können (Abbildung 4).

Alternative Geschäftsmodelle der Strabag AG

Alternative Geschäftsmodelle der Strabag AG

Das Modell „teamconcept“ beinhaltet ebenfalls eine frühzeitige Beteiligung des Bauunternehmens am Projekt. Bereits in der Projektierungs- und Planungsphase werden in partnerschaftlicher Zusammenarbeit alle Beteiligten in das Projekt einbezogen und so der Verlauf der Ausführungs- und Nutzungsphase optimiert. Strabag bietet eine dreistufige Kostenkalkulation an. Aufbauend auf Kostenschätzung und Kostenberechnung wird vor Beginn der Ausführungsphase ein verbindliches Angebot mit einer Preisgarantie erstellt. Für die Ausführung hat der Auftraggeber die Wahl zwischen drei alternativen Vertragsformen: einem Pauschalvertrag, einem Cost-plus-Fee-Vertrag und einem Maximalpreisvertrag.

Das Modell wird nur einem bestimmten Kundenkreis angeboten, der persönlich angesprochen wird. Dabei handelt es sich hauptsächlich um private Auftraggeber, die Projekte ab einer gewissen Größe realisieren möchten, wie beispielsweise Versicherungsgesellschaften oder Entwicklungsgesellschaften für den Bau von Einkaufszentren.

Strabag bewirbt das Modell mit einem Faltblatt, einer Broschüre und einem Video. Weitere Werbemaßnahmen, z. B. Anzeigen in Zeitschriften oder Tageszeitungen, werden nicht unternommen.

Seit 1994 hat Strabag mehrere Projekte mit dem teamconcept realisiert. Inzwischen wird dieses Modell nach eigener Angabe bei 30 Prozent aller Hochbauprojekte angewendet, unter anderem beim Einkaufszentrum CentrO in Oberhausen. Allerdings werden statt des vollen Leistungspakets oft auch nur einzelne Bausteine beauftragt.

Fazit

Von den zehn größten Bauunternehmen Deutschlands gehen der aktuellen Studie zufolge vor allem die „Big Four“ systematisch mit eigenen alternativen Geschäftsmodellen auf potenzielle Großkunden zu. Für die Zukunft ist jedoch eine verstärkte und auch breitere Anwendung zu erwarten, da sowohl die Bauunternehmen als auch die Kunden bei realisierten Projekten fast ausschließlich von positiven Erfahrungen berichten.

Um im Wettbewerb um den Kunden nicht ins Abseits zu geraten, sollten sich daher noch mehr deutsche Bauunternehmen mit alternativen Geschäftsmodellen beschäftigen – auch und gerade der Mittelstand. Bei konsequenter Anwendung ist mit einer Verbesserung der Kosten- und Ertragssituation bei gleichzeitig vertiefter Kundenbindung zu rechnen – eine Win-win-Situation für Auftraggeber und Auftragnehmer.

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