Praktische Umsetzung bauablaufbezogener Darstellungen von Behinderungen als Grundlage der Schadensermittlung nach § 6 Nr. 6 VOB/B
Um die Anforderungen der BGH-Rechtsprechung erfüllen zu können, müssen Bauablaufstörungen anhand bauablaufbezogener Darstellungen visualisiert werden.
Quellenangabe: Heilfort, Praktische Umsetzung bauablaufbezogener Darstellungen von Behinderungen als Grundlage der Schadensermittlung nach § 6 Nr. 6 VOB/B, zugleich Anm. zu BGH, Urteil vom 21.03.2002 – VII ZR 224/00 –, BauR 2002, 1249
Praktische Umsetzung bauablaufbezogener Darstellungen von Behinderungen als Grundlage der Schadensermittlung nach § 6 Nr. 6 VOB/B
1. Vorbemerkungen
1.1 Entscheidung des BGH
Der BGH hat mit Urteil vom 21.03.2002 (VII ZR 224/00) Anforderungen an den baubetrieblichen Nachweis von Schadensersatzansprüchen nach § 6 Nr. 6 VOB/B definiert:
a) Der Auftragnehmer muss eine Behinderung, aus der er Schadensersatzansprüche ableitet, möglichst konkret darlegen. Dazu ist in der Regel auch dann eine bauablaufbezogene Darstellung notwendig, wenn feststeht, dass die freigegebenen Ausführungspläne nicht rechtzeitig vorgelegt worden sind.
b) Allgemeine Hinweise darauf, dass die verzögerte Lieferung freigegebener Pläne zu Bauablaufstörungen und zu dadurch bedingten Produktivitätsverlusten geführt habe, die durch Beschleunigungsmaßnahmen ausgeglichen worden seien, genügen den Anforderungen an die Darlegungslast einer Behinderung nicht. Sie sind auch keine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung.
1.2 Problem des Bauunternehmers
Der vom BGH geforderte, einzelfallspezifische Nachweis des adäquat-kausalen Zusammenhangs zwischen Ursache und Auswirkung einzelner Behinderungen kann im Bestreitensfall von den betroffenen Bauunternehmern oft nicht in der erforderlichen Detailschärfe beigebracht werden[1].
Die Probleme des Bauunternehmers beruhen meist auf folgenden Ursachen:
- Die Beziehung zwischen Kosten- und Ablaufplanung wird bereits bei Vertragsschluss nicht oder nicht eindeutig dokumentiert.
- Änderungen des geplanten Ablaufs werden inhaltlich und ursächlich nicht dargestellt.
- Die Erfassung des tatsächlichen Bauablaufs erfolgt unvollständig oder ohne konkreten Bezug zum Ablaufplan.
- Behinderungen werden nicht oder nicht rechtzeitig erkannt und angezeigt.
- Es werden nur Behinderungsursachen, keine Behinderungsauswirkungen erfasst.
- Auswirkungen innerbetrieblicher Bauablaufstörungen und Beschleunigungen bleiben unberücksichtigt.
Zur Anspruchsbegründung können im Nachhinein zwar die (eventuell unstreitig) hindernden Umstände, nicht aber deren konkrete Auswirkungen justiziabel vorgetragen werden. Die Bauunternehmer selbst schätzen einer am Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden unter Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. R. Schach durchgeführten Umfrage zufolge ein, dass für die mangelnde Durchsetzbarkeit von störungsbedingten Mehrkosten in 65 % der Fälle Probleme mit dem Nachweis der Anspruchsgrundlage verantwortlich sind.
1.3 Einsatz spezieller Software als Lösung
Auch auf Großbaustellen mit Bauablaufplänen von mehreren tausend Einzelvorgängen ist die konkrete Erfassung und Dokumentation der Ursachen und Auswirkungen von Behinderungen baubegleitend möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass konsequent auf den zielgerichteten Einsatz spezieller Projektmanagement-Software gesetzt wird. Der Zusammenhang zwischen dem EDV-Einsatz und dem Erfolg bei der Durchsetzbarkeit der Mehrkosten lässt sich auch empirisch nachweisen: Diejenigen Auftragnehmer, die ihren Bauablaufplan ausschließlich von Hand erstellen, können der Studie zufolge nur 18 % der aus Bauablaufstörungen resultierenden
Mehrkostenforderungen durchsetzen. Erstellen die Unternehmer ihre Ablaufpläne jedoch vollständig per EDV, liegt die Quote bereits bei 34 % – fast das Doppelte gegenüber händischer Arbeitsweise.
Nachfolgend wird gezeigt, dass mit einer EDV-basierten Planung, Überwachung und Steuerung des Bauablaufs der vom BGH geforderte Einzelnachweis prinzipiell auch in der gewünschten Detailschärfe beigebracht werden kann. Die Erläuterungen basieren auf Forschung und Praxis des Verfassers in Controlling und Bewertung gestörter Bauabläufe.
2. Projektmanagement-Software
2.1 Standardprogramme
Für die Planung, Überwachung und Steuerung von Bauabläufen haben sich im wesentlichen zwei Programme durchgesetzt: Power Project und Microsoft Project.
Power Project ist speziell auf Bauunternehmen zugeschnitten. Als ursprünglich vorwiegend grafikorientierte Anwendung erlaubt das Programm ein intuitives Erstellen hervorragend gestalteter Ablaufpläne. Aufgrund der umfassenden Funktionalitäten kann nahezu der gesamte baubetriebliche Leistungsprozess realitätsnah und vollständig abgebildet werden. In Power Project sind bundeslandspezifische Arbeitszeitkalender ebenso implementiert wie ein differenziertes Ressourcenmanagement oder eine Schnittstelle zum Kalkulationsprogramm ARRIBA. Insbesondere der Datenaustausch zwischen Kosten- und Ablaufplanung unterstützt den genauen Nachweis der terminlichen und monetären Folgen von Bauablaufstörungen.
MS Project wird branchenübergreifend im Projektmanagement eingesetzt. Mit der ursprünglich tabellenorientierten Anwendung sind vor allem Office-Anwender schnell vertraut. Unproblematisch ist der Datenaustausch mit dem weit verbreiteten Programm Excel, mit dem einfache Berechnungen, zum Beispiel von Vorgangsdauern, durchgeführt werden können. MS Project ist weniger komplex und wird daher oft als insgesamt leichter bedienbar empfunden. Aufwändiger sind grafische Darstellungen von Informationen direkt im Bauablaufplan. Für deren Verbesserung ist mit dem Programm GRANEDA eine eigenständige Visualisierungslösung entwickelt worden. Der stufenweise Dokumentationsprozess von abweichenden Zuständen im Bauablauf kann standardmäßig nur eingeschränkt durchgeführt werden.
2.2 Zielgerichteter Einsatz erforderlich
Ob und wie mit einem der beiden Programme das Ziel des Anspruchsnachweises erreicht werden kann, hängt maßgeblich vom Qualifikationsniveau und Zeitbudget des Bearbeiters ab. Viel zu oft wird lediglich zu Projektbeginn ein einfacher Balkenplan erstellt, im Baubüro aufgehängt und fortan nicht weiter aktualisiert. Behinderungen werden zwar angezeigt, nicht aber mit ihren Auswirkungen unmittelbar in den Bauablaufplan eingearbeitet. In der Folge entfernt sich der tatsächliche Bauablauf so weit vom ursprünglichen Plan, dass die Bauausführung entweder „aus dem Bauch heraus“ gesteuert oder ein völlig neuer Plan erstellt wird, der sich nicht aus dem Vertrags-Soll und den zwischenzeitlich aufgetretenen Bauablaufstörungen herleiten lässt. In diesen Fällen dient die Software nur als komfortables „Zeichenprogramm“ für einfache Balkenpläne.
Erst der zielgerichtete, baubegleitende Softwareeinsatz ermöglicht die justiziable Dokumentation gestörter Bauabläufe. Der Nachweis von Ursachen und Auswirkungen einzelner Behinderungen ist unter wechselnden Rahmenbedingungen mit einer Datenflut verbunden, die nur mit systematischem Softwareeinsatz bewältigt werden kann. Auch durch das alternierende oder gleichzeitige Auftreten von Pflichtverletzungen, anderen Anordnungen, üblichen Schwankungen und innerbetrieblichen Störungen wird die Detailanalyse von Behinderungen erschwert. Bei der Erstellung von Anspruchsnachweisen kommt es daher auf die perfekte Beherrschung der Software ebenso an wie auf methodisches Vorgehen. Der Bearbeiter muss zudem über technisches, kaufmännisches und juristisches Wissen verfügen.
2.3 Vorteile des Softwareeinsatzes
Die Programme weisen bei intensiver Nutzung insbesondere die folgenden Vorteile auf:
- Auch umfangreiche Ablaufpläne mit mehreren tausend Vorgängen lassen sich mit vertretbarem Aufwand erstellen, überwachen und dokumentieren.
- Dokumentationen umfassen jede einzelne Änderung des Bauablaufplans.
- Auch im Nachhinein lassen sich beliebige Zustände im Projektablauf miteinander vergleichen und auf Differenzen untersuchen.
- Es können die Auswirkungen eines einzelnen hindernden Umstandes von sonstigen Abweichungen im Bauablauf isoliert und direkt im Bauablaufplan dargestellt werden.
- Informationen können für unterschiedlichste Anforderungen fallspezifisch verdichtet, bearbeitet und ausgegeben werden.
3. EDV-gestützte Anspruchssicherung
3.1 Netzplantechnik anwenden
Ausgangspunkt der Anspruchssicherung im Störungsfall ist ein konsequent auf EDV-Basis erstellter, vernetzter Ablaufplan. Bei dessen Erstellung wird die Gesamtleistung zunächst in einzelne Vorgänge gegliedert, denen als Basis der Netzplanberechnung anschließend Vorgangsdauern und Anordnungsbeziehungen zugeordnet werden[2].
Die Gliederung der Leistung in Vorgänge soll eine sinnvolle Planung, Überwachung und Steuerung des gesamten Bauablaufs ermöglichen. Sogenannte „Meilensteine“ heben wichtige Ereignisse im Bauablauf hervor, zum Beispiel Baubeginn, Zwischen- und Fertigstellungstermine, aber auch Planlieferungen, Vorunternehmerleistungen oder Bemusterungen. Wichtige Regel ist, dass nur das überwacht werden kann, was vorher auch definiert wurde.
Die Dauern werden in der Regel über die zu erwartenden Leistungsmengen, Arbeitszeitaufwandswerte und die Zuordnung von Ressourcen bestimmt. Da jedoch nahezu kein Bauablauf so wie geplant realisiert wird, sollte der Bauunternehmer zum Ausgleich von innerbetrieblichen Bauablaufstörungen, Schwankungen und Witterungseinflüssen zusätzlich zu den realistischen Vorgangsdauern einen weiteren Zeitbedarf einplanen.
Sogenannte Anordnungsbeziehungen bilden die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Vorgängen und Meilensteinen ab. Es muss jeweils mindestens ein Vorgänger und Nachfolger zugeordnet werden. Nur der letzte Vorgang oder Meilenstein, in der Regel die Abnahme, hat keinen Nachfolger. Neben technologischen können auch ressourcenbedingte Abhängigkeiten berücksichtigt werden, wenn zum Beispiel das Preisangebot des Bauunternehmers auf einem ununterbrochenen Einsatz bestimmter Geräte oder Arbeitskolonnen aufbaut.
Der kritische Weg definiert in Netzplänen dann die bis zur Gesamtfertigstellung erforderliche Abfolge von Vorgängen ohne Puffer. Änderungen auf dem kritischen Weg wirken sich in jedem Fall auf die Fertigstellungstermine aus, Änderungen an unkritischen Vorgängen nur dann, wenn die Pufferzeit überschritten wird.
Die Programme berechnen auf Basis der planerischen Annahmen, ob nach dem definierten Modell die vertraglichen Vorgaben eingehalten werden können. Gegebenenfalls sind die dem Plan zugrunde liegenden Bauverfahren, Ressourcen und Abhängigkeiten so lange zu überarbeiten, bis das explizit vereinbarte, primäre Vertrags-Soll vollständig umgesetzt ist.
Die Darstellung erfolgt in der Regel als vernetztes Balkendiagramm. Die Vernetzung ermöglicht dabei das Nachvollziehen der planerischen Annahmen, die rasche Anpassung des Plans an geänderte Situationen und die konkrete Darstellung von Zusammenhängen zwischen Ursachen und ihren spezifischen Auswirkungen. Durch die Darstellung der Vorgänge als zeitproportionale Balken bleibt der Ablaufplan übersichtlich und auch für Nichttechniker lesbar. Pläne sollten dennoch ausschließlich am Rechner bearbeitet und ausgewertet werden, da nur dort Verknüpfungen verfolgt, vorgangsbezogene
Informationen vollständig abgerufen und Neuberechnungen durchgeführt werden können. Ausdrucke erfolgen jeweils erst nach der Definition von Filtern für spezifische Zielstellungen.
3.2 Controllingprinzipien umsetzen
Jedes Controlling basiert auf dem stetigen Vergleich verschiedener Soll- und Ist-Datensätze. Erste Basis oder Referenz der weiteren Ablaufplanung und Bauausführung ist immer das vertraglich explizit vereinbarte, primäre Vertrags-Soll beziehungsweise der weiterführende, vertragsgerechte Ablaufplan des Bauunternehmers (sekundäres Vertrags-Soll). Darüber hinaus führt jede erfasste Bauablaufabweichung zu einem neuen Referenzzustand (Bau-Soll). Nur das einmal erfasste Bau-Ist bleibt fixiert.
Wird zum Beispiel wöchentlich der aktuelle Bauzustand erfasst, können nach einer Bauzeit von einem Jahr bereits mehr als 50 in der Regel verschiedene Bauzustände vorliegen. Da jeweils mehrere Vorgänge von Änderungen betroffen sein können, müssen zudem stufenweise Einzelfalldokumentationen erstellt werden. Bei der Fortschreibung des Bauablaufplans sind insbesondere hinzunehmende Bauablaufschwankungen und anspruchsbegründende Bauablaufstörungen zu unterscheiden, die sich wiederum in vertragskonforme andere Anordnungen oder vertragswidrige Pflichtverletzungen gliedern.
Aufgrund des Umfangs und der Komplexität zu erfassender Informationen reichen somit bereits bei mittleren Bauprojekten händische Aufschreibungen als alleinige Grundlage der Nachweisführung nicht aus.
Nur bei der EDV-gestützten Erfassung sämtlicher Informationen ist jederzeit ein tabellarischer und/oder grafischer Vergleich zwischen dem geplanten, fortgeschriebenen und tatsächlichen Bauablauf möglich –Grundvoraussetzung für Differenzbetrachtungen zum Nachweis der Anspruchsgrundlage.
3.3 Ansprüche dokumentieren
Schadensersatzansprüche erfordern nach § 6 Nr. 6 VOB/B folgende Voraussetzungen[3]:
- Der Auftraggeber verletzt vertragliche Pflichten.
- Aus der Pflichtverletzung folgt adäquat-kausal eine tatsächliche Behinderung des Bauablaufs.
- Die Behinderung wird dem Auftraggeber angezeigt oder ist ihm (in Ausnahmefällen) offenkundig bekannt.
- Aus der Behinderung folgt ein konkreter Schaden.
Damit mögliche Ansprüche nicht bereits an der mangelnden bauablaufbezogenen Darstellung der adäquat-kausalen Behinderungsfolgen scheitern, müssen die geforderten Voraussetzungen systematisch erkannt, erfasst und dokumentiert werden.
Bei zielgerichtetem Einsatz der beschriebenen Software ist auch für umfangreiche Ablaufpläne ein detaillierter Einzelnachweis der Ursachen und Auswirkungen von Bauablaufstörungen möglich. Der aus der baubegleitenden Darstellung resultierende Mehraufwand relativiert sich angesichts der erheblichen Mehrkosten eines gestörten Bauablaufs, die ansonsten nicht oder nicht vollständig durchgesetzt werden können.
4. Praktische Umsetzung
Wie bauablaufbezogene Darstellungen erfolgen können, zeigt die isolierte Abbildung eines von zwei Bauablaufstörungen betroffenen Vorgangs. Der Vorgang „Aushub Haus A“ konnte aufgrund der um einen Tag verspätet übergebenen Baufreigabe, also einer Pflichtverletzung des Auftraggebers, statt am 03.09.2002 (Anfang Plan) erst am 04.09.2002 (Anfang), also einen Arbeitstag verspätet beginnen (Abweichung Anfang). Zudem hat der Vorgang 17 aufgrund einer Mehrleistung im Verbau, also einer angeordneten Leistungsänderung, einen Arbeitstag länger angedauert. Insgesamt beträgt die Endabweichung des Vorgangs zwei Arbeitstage (Abweichung Ende) – eine Verlängerung, die über den kritischen Weg prinzipiell auch zu einer entsprechenden Fristverlängerung führt. Dem Plan kann zudem die ursprünglich geplante und die aufgrund der Bauablaufstörungen tatsächlich aufgetretene Vorgangsdauer sowie dessen zeitliche Lage entnommen werden. Über die definierten Anordnungsbeziehungen berechnen die Programme zudem die Auswirkungen auf alle nachgelagerten Vorgänge und die Fertigstellungstermine.
Zur Erstellung derartiger bauablaufbezogener Dokumentationen sind neben umfangreichen Softwarekenntnissen ingenieurtechnische, kaufmännische und juristische Schlüsselqualifikationen erforderlich. Wichtigster Erfolgsfaktor bei der baubegleitenden Anspruchssicherung ist somit ein hochqualifizierter Bearbeiter mit ausreichendem Zeitbudget.
Vor allem an Zeit mangelt es dem Unternehmerbauleiter regelmäßig. Abhilfe schaffen hier externe Dienstleister. Der Bauleiter kann sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren und verliert nichts von der gerade im Fall von Bauablaufstörungen so wertvollen Arbeitszeit – bei gleichzeitiger Professionalisierung des Anspruchsnachweises. Vor allem bei großen Bauvorhaben, komplexen Wirkzusammenhängen, vielen kleineren Störungen und nichtkritischen Behinderungen macht sich Expertenwissen erforderlich. In diesen Fällen ist der Nachweis eines eindeutigen Zusammenhangs zwischen Ursache und Auswirkung oft mit Schwierigkeiten verbunden, deren Lösung besonderes Know-how erfordert.
5. Fazit
Ohne zielgerichteten, baubegleitenden Softwareeinsatz bleibt der Anspruchsnachweis oft mangelhaft, weshalb in der Praxis vermeintlich eindeutige Schadensersatzansprüche immer wieder aufgrund von Nachweisproblemen scheitern. Die vorstehend beschriebenen Möglichkeiten beider Programme zeigen, dass die Forderungen des BGH nach konkreten, bauablaufbezogenen Darstellungen der Ursachen und Auswirkungen von Behinderungen auch auf Großbaustellen umsetzbar sind. Dennoch sollten die Anforderungen des BGH an die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 6 Nr. 6 VOB/B nicht zu hoch gesteckt werden.
Gerade ein kooperativer Unternehmerbauleiter, der beim Auftreten von Behinderungen unter erheblichem Koordinationsmehraufwand versucht, negative Auswirkungen einzudämmen, kann am wenigsten Zeit in die Anspruchssicherung investieren. Bestreitet der Auftraggeber dann die noch entstehenden Mehrkosten, wird bisher ausgerechnet der kooperative Unternehmer mit der mangelnden Durchsetzbarkeit von Mehrkosten bestraft. Die Konsequenz ist, dass sich Bauunternehmer ebenfalls immer seltener kooperativ verhalten und statt dessen auf perfekte Anspruchssicherung setzen müssen – mit der Folge steigender Gesamtkosten.
Ein erleichterter Schadensnachweis könnte aus Sicht des Verfassers eine Trendumkehr zu mehr Vertrauen und damit Kooperationsbereitschaft der Bauunternehmer bewirken. Zudem würde auch ein stärkerer Anreiz zur fristgerechten, kooperativen Mitwirkung der Auftraggeber geschaffen. Den Nutzen hätten letztlich alle Projektbeteiligten: Den Auftragnehmern würden weniger ablaufbedingte Mehrkosten entstehen und die Auftraggeber könnten einen größeren Anteil ihrer Projekte kosten- und termingerecht in Betrieb nehmen.
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[1] Vgl. Schottke, R.: Leistungsänderung und ihre Auswirkung auf die Vergütung des AN. In: Semina (Hrsg.): Störung des Bauablaufes. Neustadt, Semina Verlag, 2003, S. 42 – 71.
[2] Zur programmtechnischen Umsetzung vergleiche die weiterführenden Beiträge des Verfassers in Baumarkt + Bauwirtschaft, Heft 3/2002, S. 38 – 41 (MS Project) und Heft 6/2002, S. 28 – 30 (Power Project).
[3] Vgl. Leitzke, W.: Wie ist die Behinderung bei gestörtem Bauablauf darzulegen? In: IBR 2002, S. 354.
Anmerkung: Die Abbildungen 1 – 3 wurden nicht abgedruckt