Gestörte Bauabläufe vernichten Produktivität

Die Produktivität im Ausbau sinkt bei Bauablaufstörungen ganz erheblich. Ein Beispiel zeigt die Auswirkungen auf die Kosten der Leistungserbringung.

Quellenangabe: Heilfort, Gestörte Bauabläufe vernichten Produktivität, Trockenbau + Akustik, Heft 9/2002, S. 76 – 78

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Gestörte Bauabläufe vernichten Produktivität

Produktivitätsverluste treffen vor allem den Ausbau

Produktivitätsverluste treffen vor allem den Ausbau

Eine in Sachsen durchgeführte Befragung von 145 Nachunternehmern zeigt, dass die Arbeitszeit der gewerblich beschäftigten Mitarbeiter vor allem im Fall von Bauablaufstörungen deutlich ansteigt – mit zum Teil erheblichen Kostenfolgen. Thomas Heilfort verknüpft die Ergebnisse der Studie mit Erfahrungen in Steuerung, Bewertung und Abrechnung gestörter Bauabläufe.

Die Auswertung der am Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden durchgeführten Nachunternehmerbefragung zeigt, dass zwischen Terminverzögerungen und der wöchentlichen Arbeitszeit ein signifikanter Zusammenhang besteht. So schwankt nach Angabe der Befragten die mittlere Wochenarbeitszeit von 41,7 Stunden im störungsfreien bis zu 47,5 Stunden im grundsätzlich gestörten Bauablauf. Soll also ein bereits verzögerter Bauablauf beschleunigt werden, ist eine schnell greifende Maßnahme die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit. Die aus zu langen Arbeitszeiten resultierenden Produktivitätsverluste stehen im Mittelpunkt dieses Beitrages.

Ausgleich von Terminverzögerungen durch längere Arbeitszeiten

Ausgleich von Terminverzögerungen durch längere Arbeitszeiten

Die Ausführungsdauer einer definierten Leistung lässt sich nicht durch eine beliebige Erhöhung des Ressourceneinsatzes proportional verkürzen. Längere Arbeitszeiten führen aufgrund der in der Regel abnehmenden Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu einer höheren Unfallgefahr, mehr Mängeln und einer geringeren Arbeitsleistung. Ausfälle, Nacharbeiten und Minderleistungen bedingen in der Summe eine deutlich verringerte Gesamtproduktivität der von Bauablaufstörungen betroffenen Baustellen. Kostentreiber sind neben den für Überstunden fälligen Zuschlägen insbesondere die gegenüber der Kalkulation bei gleicher Leistung zu viel geleisteten Arbeitsstunden. Diese Mehrstunden werden im Rahmen von Stunden-Soll-Ist-Vergleichen festgestellt und sind auf unproduktive Lohnstundenanteile zurückzuführen, in denen die realistisch kalkulierte Produktivität nicht oder nicht in vollem Umfang erreicht wird.

Anspruchsgrundlage rechtzeitig sichern

In der Folge von Produktivitätsverlusten entstehen Mehrkosten in erheblicher Größenordnung – Kosten, die sich ohne ausreichendes Know-how in der Regel nur selten beim Verursacher durchsetzen lassen. Doch wie erkennt der Bauleiter Produktivitätsverluste im Trockenbau? Bauteil- und vorgangsbezogene Soll-Stunden-Vorgaben sind eher die Ausnahme. Auch der Lohnstunden-Soll-Ist-Vergleich kommt in der Regel zu spät. Zudem sind die Folgen von Bauablaufstörungen oft nicht unmittelbar erkennbar.

Und wenn für einen Bereich Pläne fehlen – die eingesetzten Monteure können nur in den seltensten Fällen nicht an alternativen Punkten eingesetzt werden. Klare Abhängigkeiten wie im Rohbau mit einem relativ unflexiblen kritischen Weg sind im Ausbau nicht zwingend einzuhalten.

In der Folge werden Produktivitätsverluste oft erst im Nachhinein erkannt. Für die Sicherung der Anspruchsgrundlage ist es dann jedoch meist zu spät. Produktivitätsverluste entstehen prinzipiell unter zwei Rahmenbedingungen, für die unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen gelten: Als Folge einer Beschleunigungsanordnung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B oder als Behinderungsfolge im Rahmen der Schadensminderungspflicht des Auftragnehmers gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B.

Gewerkespezifische Arbeitszeiten pro Woche

Gewerkespezifische Arbeitszeiten pro Woche

Die Folgen von Beschleunigungsanordnungen können auf Basis der Preisermittlungsgrundlage relativ einfach abgerechnet werden. Die gutachtliche Praxis zeigt aber, dass oft die Anordnungen nicht beweiskräftig nachgewiesen werden können.

Im Fall von behinderungsbedingten Produktivitätsverlusten ist die wichtigste Anspruchsvoraussetzung die Behinderungsanzeige, die möglichst konkret Ursache und Auswirkung der hindernden Umstände beschreiben sollte. Die Mehrkosten sind in diesem Fall als Schaden zu ermitteln – gerade bei Produktivitätsverlusten in Ausbaugewerken ein immer wieder sehr schwieriges Unterfangen.

Beispiel für Kostenfolgen im Trockenbau

Neben den Voraussetzungen für die Anspruchsgrundlage stellt die Rechtsprechung auch an die Anspruchsermittlung hohe Anforderungen. Insofern können bei der Abrechnung von unproduktiven Lohnmehrstunden Parallelen zur Abrechnung von Stundenlohnarbeiten gezogen werden. Alle Regiestunden müssen dem Auftraggeber vor Ausführung angezeigt, zeitnah erfasst und wöchentlich abgerechnet werden. Warum sollten also an die Abrechnung von Mehrkosten aus Produktivitätsverlusten andere Anforderungen gestellt werden, nur weil sich deren Erfassung wesentlich schwieriger gestaltet?

Ein Fall aus der gutachtlichen Praxis zeigt, wie sich Bauablaufstörungen auf die Lohnstunden im Trockenbau auswirken. Bei Vertragsschluss wurden insgesamt 29.360 Lohnstunden kalkuliert (Soll 1). Deren Verteilung über die Bauzeit ergibt sich aus einem mit der Ressourcenkalkulation verknüpften Ablaufplan.

Abweichungen ergeben sich zunächst aus angeordneten Leistungsänderungen, die das vereinbarte Vertrags-Soll zum letztlich auszuführenden Bau-Soll fortschreiben. Für dieses neue Soll 2 sind kalkulatorisch 37.407 Stunden erforderlich. Bei unverändertem Arbeitskräfteeinsatz resultiert aus den Mehrleistungen eine Bauzeitverlängerung von 6 Wochen.

Maßgeblich ist jedoch allein die tatsächliche Bauausführung. So begannen die Bauarbeiten aufgrund verspäteter Vorleistungen 13 Wochen später und dauerten dann auch erheblich länger an. Der Auftragnehmer hat insgesamt 59.330 Lohnstunden erbracht, 21.923 Stunden oder 59 % mehr als gemäß Soll 2 erforderlich gewesen wäre.

Einfache Instrumente für das Controlling

Ursache der Mehrstunden waren im begutachteten Fall Produktivitätsverluste aufgrund verschiedenster, meist kleinerer und lokal begrenzter Störungen, die jede für sich genommen relativ unerheblich war, die sich in der Summe aber massiv auf die Arbeitsproduktivität und die Herstellkosten auswirkten.

Es kommt also darauf an, die Produktivitätsverluste so früh wie möglich zu erkennen, anzuzeigen und zu erfassen. Am Beispiel der abgebildeten Lohnstundenkurven für Soll 1, Soll 2 und Bau-Ist sollen nachfolgend sechs typische Punkte vorgestellt werden, an denen die Bauleitung auf Produktivitätsverluste auf-merksam werden sollte.

Basis der Erläuterungen sind nicht detaillierte Ablaufpläne und deren Überwachung, sondern lediglich die Zahl der wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden. Bereits dieses einfache Controlling-Instrument zeigt, dass sich kritische Stellen im Bauablauf auf der Basis des kalkulierten Ressourcen¬einsatzes und der gemäß Bautagebuch oder Lohnabrechnung tatsächlich erbrachten Lohnstunden kritische Punkte erkennen lassen. Der Nachweis von Störungsursachen und -auswirkungen muss dann natürlich konkret erfolgen. Die Abbildung zeigt sechs typische Zeitpunkte, an denen die Bauleitung handeln muss.

Vergleich der kalkulierten, fortgeschriebenen und tatsächlich geleisteten Lohnstunden

Vergleich der kalkulierten, fortgeschriebenen und tatsächlich geleisteten Lohnstunden

Erst Anspruch sichern, dann beschleunigen

Zum Zeitpunkt A entstehen kaum Fehler. Die Bauarbeiten, im begutachteten Fall umfangreiche Trockenbauarbeiten an Wand und Decke, werden vom Auftraggeber aufgrund fehlender Vorleistungen verschoben. Diese Behinderungsanzeige fehlt in den seltensten Fällen. Da keine Leistung erbracht wird, entstehen zumindest auf dieser Baustelle auch keine Produktivitätsverluste – gleichwohl aber sonstige Stillstandskosten. Mit Baubeginn ist die Behinderung abzumelden.

Die Soll-Ist-Kurven zum Zeitpunkt B zeigen, dass mit Baubeginn alle Ressourcen mobilisiert werden, um die (schuldlos) entstandene Verzögerung im Interesse des Auftraggebers wieder aufzuholen. Die tatsächlich geleisteten Lohnstunden übersteigen die ursprünglich geplanten Werte sehr schnell und sehr deutlich. Oft fehlt es zu diesem Zeitpunkt jedoch an einer eindeutigen Beschleunigungsanordnung, ohne die Ansprüche auf Abrechnung auch der Mehrkosten aus Produktivitätsverlusten nach § 2 Nr. 5 VOB/B nicht greifen. Während der Beschleunigung sind die Mehrkosten zu erfassen, insbesondere aber die tatsächliche und die kalkulierte Arbeits-produktivität zu vergleichen und bei Abweichungen deren Ursachen möglichst konkret zu dokumentieren.

Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob aufgrund überlanger Arbeits¬zeiten und zu großer Kolonnen die Gefahr mangelhafter Ausführung besteht. Bei der Kalkulation von Nachträgen sind Ter¬minfolgen oder Produktivitätsverluste zu berücksichtigen.

Zu jedem Zeitpunkt Maßnahmen erwägen

Zum Zeitpunkt C sinkt der Ressourceneinsatz wieder auf das ursprünglich geplante Niveau. Nach den ersten, unbehinderten Leistungen fehlen nun offenbar weitere Voraussetzungen einer beschleunigten Leistungserbringung. An diesem Punkt sollte daher die Ursache des Personalabzugs geprüft und dem Auftraggeber angezeigt werden.

Im Zeitpunkt D laufen die Beschleunigungsmaßnahmen wieder an. Es ist eine Beschleunigungsanordnung erforderlich.

Zum Zeitpunkt E wird der Ressourceneinsatz vorübergehend reduziert. Die Behinderungsanzeige ist aber auch dann zu stellen, wenn nur eine Hemmung eintritt, die Arbeiten also prinzipiell fortgeführt werden können. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob und wie die freigesetzten Ressourcen eingesetzt werden können. Treten die Produktivitätsverluste zum Beispiel durch übergroße Kolonnen auf einer anderen Baustelle auf, sind auch diese Mehrkosten sekundäre Behinderungsfolgen.

Ab dem Zeitpunkt F werden nur noch Restarbeiten erbracht, die aber die Abnahme und damit die Zahlung des vollen Werklohns verhindern. Meist sind nun von Auftraggeberseite auch die letzten Details geklärt, die bei der Erbringung der Hauptleistung zunächst noch ausgespart worden sind. Erfahrungsgemäß entstehen gerade hier hohe Produktivitätsverluste aufgrund eines zu kurzen produktiven Zeitanteils, weil die Monteure ständig Arbeitsinhalte und -orte wechseln müssen.

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