Diplomarbeit 33 | Planung, Kalkulation und Abrechnung der Bauleitung im Multiprojektmanagement
Tanner, André: Planung, Kalkulation und Abrechnung der Bauleitung im Multiprojektmanagement
Diplomarbeit Nr. 1272, TU Dresden, Institut für Baubetriebswesen, 2003
Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, für den projektübergreifenden Einsatz der Projekt- und Bauleitung im betreuenden Bauunternehmen ein Konzept zu entwickeln, mit dem der im Fall von Bauablaufstörungen veränderte Einsatz einschließlich der projektübergreifenden Auswirkungen erkannt, erfasst und abgerechnet werden kann.
Die notwendigen Voraussetzungen für ein Multiprojektmanagement im Bauwesen mussten hierbei nachgewiesen werden. Dabei wurde festgestellt, dass besonders in kleinen und mittleren Baubetrieben das Aufsichts- und Führungspersonal, sprich die Bauleitung, projektübergreifend bzw. parallel in mehreren Projekten eingesetzt wird und es somit durchaus zu Konflikten zwischen den miteinander um Ressourcen konkurrierenden Projekten kommen kann.
In Kapitel 3 wurde die Problematik in der projektübergreifenden Behandlung der Bauleitung aufgezeigt. Eine wesentliche Voraussetzung, um Abweichungen im Bauleitungseinsatz zu erkennen, ist vorerst die Erarbeitung einer projektübergreifenden Soll-Einsatzplanung. Das Zusammenspiel zwischen dem optimalen Einsatz und der Fixkostendeckung der Bauleitung war dabei besonders zu betrachten. Einen zudem wesentlichen Einfluss auf einen rentablen projektspezifischen Bauleitungseinsatz hat dabei der am Markt erzielbare Preis, der demzufolge ebenfalls in der Planung mit einzubeziehen ist. Eine Verknüpfung von Einsatzplanung und Kalkulation der Bauleitung wurde daher in der späteren Umsetzung zwingend erforderlich.
Nachdem eine zu vergleichende Basis mit dem Soll-Einsatz projektübergreifend geschaffen wurde, ist für eine Gegenüberstellung, der tatsächliche Einsatz der Bauleitung zu dokumentieren. Dabei musste festgestellt werden, dass die derzeitigen Dokumentationsmittel der meisten Bauunternehmungen hierfür nicht geeignet sind bzw. noch nicht existieren. Eine geeignete Erfassungsmethode musste deshalb in der weiteren Abhandlung der Arbeit erstellt und untersucht werden. Für den häufig eintretenden Fall, von Abweichungen im Bauleitungseinsatz aus auftraggeberseitigen Bauablaufstörungen, sind zudem bei der Wahl der Erfassungsmethode, alle juristischen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Schadensnachweis nach § 6 Nr. 6 VOB/B einzubeziehen, um eine erfolgreiche Abrechnung der Mehrkosten der Bauleitung beim AG zu gewährleisten. Die durch den AN zu erfüllenden Rahmenbedingungen für einen derartigen Nachweis wurden deshalb ausführlich recherchiert und dargelegt.
In nächsten Kapitel wurde die vorherrschende Verfahrensweise im betreuenden Unternehmen bezüglich der Behandlung dieser Problematik untersucht. Die notwendigen Voraussetzungen für ein projektübergreifendes Management konnten hierbei festgestellt werden. Die Analyse erfolgte mittels eines strukturierten Interviews, welches mit allen relevanten Mitarbeitern der Unternehmung durchgeführt wurde. Die Befragung ergab, dass prinzipiell störungsbedingte Veränderungen im Bauleitungseinsatz auftreten, es jedoch zur konkreten Feststellung an ausreichender Dokumentation fehlt. Die daraus resultierenden Mehrkosten beim AG abzurechnen, scheitert demnach unter anderem an mangelnder Nachweisbarkeit. Handlungsbedarf konnte zudem auch in der zugrunde liegenden Terminplanung der Projekte festgestellt werden, auf der eine projektübergreifende Einsatzplanung der Bauleitung basieren soll.
Im darauf folgenden Kapitel 5 wurden Varianten untersucht, die für eine computergestützte Umsetzung des projektübergreifenden Managements im betreuenden Unternehmen in Frage kommen. Funktionsfähigkeit und Praxistauglichkeit waren dabei die ausschlaggebenden Kriterien, sodass festgestellt werden konnte, dass für die Umsetzung einer projektübergreifenden Einsatz- und Kostenplanung der Bauleitung und deren Überwachung eine Kombination aus einer Projektmanagementsoftware (MS Project) und einer Tabellenkalkulation (MS Excel) als sinnvolles Hilfsmittel eingesetzt werden kann.
Für die Auswahl und die anschließende Erstellung der Erfassungsmethode des Ist-Einsatzes, wurden die Rahmenbedingungen hauptsächlich durch die Verhältnisse im betreuenden Unternehmen und durch die hohen Anforderungen an einen Schadensnachweis nach § 6 Nr. 6 VOB/B vorgegeben. Die Erprobung eines in MS Excel selbsterstellten Erfassungsformulars wurde danach im analysierten Unternehmen durchgeführt. Die Auswertung hat aufgezeigt, dass die gewählte Variante aus mehreren Gründen nicht geeignet war. Anhand dieser Ergebnisse konnte jedoch ein Neuvorschlag erarbeitet werden, der in das Gesamtkonzept der Umsetzung des projektübergreifenden Managements eingeflossen ist.
Aufgrund festgestellter Abgrenzungsprobleme in der Rechtsprechung und darausfolgenden Unklarheiten in der Durchsetzbarkeit von störungsbedingten Mehrkosten der Bauleitung, ist es zusätzlich erforderlich gewesen, unter Berücksichtigung praxisnaher Konstellationen, eine realistische Vorgehensweise in der Mehrkostenabrechnung zu wählen, sodass hierbei ein Vorschlag für die Abrechnung der Mehrkosten auf Basis unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen der VOB/B unterbreitet wurde. Betonend soll hier nochmals erwähnt werden, dass das vorhandene Verhältnis zum AG wesentlichen Einfluss auf die erfolgreiche Durchsetzung der Mehrkosten hat.
Im abschließenden Kapitel der Arbeit konnte die gewählte Variante zur Umsetzung von projektübergreifendem Management an einem ausführlichen Beispiel demonstriert und deren Funktionsfähigkeit dargestellt werden. Aufgrund oben genannter Schwierigkeiten während der Erfassung des Bauleitungseinsatzes, erfolgte dies an einem selbst gewählten Beispiel, sodass die Praxistauglichkeit nur bedingt festgestellt werden konnte.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die hier vorgestellte projektübergreifende Einsatz- und Kostenüberwachung des Bauleitungspersonals, der Bauunternehmung rechtzeitig Defizite in Einsatz und Fixkostendeckung aufzeigen kann, sodass Gegenmaßnahmen, gleich welcher Art, eingeleitet werden können.
Für die Maßnahme der Abrechnung von störungsbedingten Mehrkosten beim AG bleibt es hierbei jedoch offen, ob diese Defizite bei Bauherren, Auftraggebern bzw. Generalunternehmern tatsächlich durchsetzbar sind, und in welcher Höhe sie vergütet werden. Äußerst aufschlussreich wäre es hierbei, eine Analyse auf der Auftraggeberseite durchzuführen (bspw. mittels Befragungen), unter welchen Voraussetzungen bzw. Bedingungen die Akzeptanz für derartige Mehrkosten und deren Vergütung zunimmt.
Der Autor ist jedoch davon überzeugt, dass durch die Einführung einer Stundenerfassung, als Dokumentationsmittel des Bauleitungseinsatzes, die Durchsetzungsrate der störungsbedingten Mehrkosten im Bereich der Bauleitung, aufgrund der besseren Nachweisbarkeit, ansteigen wird. Zumindest sollten dadurch die Richter, für den allerdings nicht anzustrebenden Fall einer gerichtlichen Klärung des Sachverhaltes, zum Anlass einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO bewegt werden.
Betreuer:
Thomas Heilfort – TU Dresden/Institut für Baubetriebswesen
K.-P. Neffgen – R&M Ausbau Frankfurt GmbH
Ausleihe oder Bestellung am Institut für Baubetriebswesen der Technischen Universität Dresden. Kontakt: baubetrieb@mailbox.tu-dresden.de